In den vergangenen beiden Artikeln haben wir einen Blick auf die mentale Entwicklung von Kindern zwischen 0 und 18 Monaten und 19 und 24 Monaten geworfen. Heute gehen wir auf die spannende Zeit ein, wenn dein Kind zwischen 25 und 36 Monate alt ist. Zum Abschluss unserer Reihe zur mentalen Entwicklung von Kleinkindern lassen wir außerdem Prof. Dr. med. Eva Möhler, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikum des Saarlandes, zu Wort kommen. Sie verrät, was mit dem kindlichen Gehirn in dieser Zeit passiert.
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 25 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 26 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 27 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 28 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 29 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 30 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 31 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 32 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 33 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 34 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 35 Monaten
- Die mentale Entwicklung von Kindern mit 36 Monaten
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 25 Monaten
Kinder in diesem Alter können zwar immer besser sprechen, aber eben noch lange nicht alles ausdrücken. Das führt weiterhin zu Frustration und Wut der Kleinen, die doch eigentlich nur verstanden werden wollen. Manchmal steckt aber auch der Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit und Nähe hinter den Wutanfällen. Denk immer daran: Diese Entwicklung gehört dazu – auch, wenn es für Eltern und Geschwister anstrengend sein kann. Versuche deinem Kind so oft es geht zu zeigen, dass du es verstehst bzw. dir Mühe gibst, es zu tun. Sicher hast du nicht immer eine Lösung, aber allein das Wissen, dass du da bist, um zu trösten und zu verstehen, hilft deinem Kind.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 26 Monaten
Die mentale Entwicklung der meisten Kinder ist bereits so weit fortgeschritten, dass sie den Unterschied zwischen „meins“ und „deins“ verstehen – allerdings fällt es ihnen häufig noch schwer, Dinge mit anderen zu teilen. Gehe einfach mit gutem Beispiel voran und teile selbst. Leih deiner Freundin ein Buch aus oder gib den Sitznachbarn am Strand eure Luftmatratze, wenn ihr sie gerade nicht braucht. Dein Kind lernt so, dass man die Dinge auch wieder zurückbekommt – ein Lächeln und ein Danke gibt’s obendrein dazu. Zwinge dein Kind nicht zum Teilen, denn das führt in den meisten Fällen nur zu Frustration und negativer Bestärkung. Geh lieber positiv an das Thema Teilen heran.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 27 Monaten
Quengeln gehört in diesem Alter bei fast allen Kindern dazu, vor allem, wenn sie müde oder hungrig sind. Versuch daher diese Situationen zu umgehen, indem du z. B. unterwegs Snacks dabei hast, oder deinem Kind genügend Ruhephasen gönnst. Wenn dein Kind quengelt, solltest du empathisch reagieren. Nimm dein Kind in den Arm und zeige, dass du verstehst – oder verstehen möchtest – was dein Kind traurig macht. Das hilft!
Mittlerweile kannst du dich mit deinem Schatz schon ganz gut unterhalten. Nutze das und stelle deinem Kind ruhig Fragen. Das fördert nicht nur die sprachliche Entwicklung, es tut auch eurer Bindung gut. Erkläre deinem Kind die Welt: Sag, wieso du Bananen – normalerweise – schälst, Äpfel aber nicht. Lass dein Kind zuschauen und vielleicht auch schon mitmachen. Spezielles Kinderbesteck gibt deinem Schatz die Möglichkeit, beim Kochen oder Backen zu helfen.
Auch, wenn ihr unterwegs seid, kannst du viel erklären: Wieso geht man nur bei Grün über die Ampel? Was macht der hohe Kran an der Baustelle? Versuch dabei, die Dinge kindgerecht zu erklären. Ersetze aber auch nicht alle schwierigen Wörter durch einfache Synonyme, sondern erkläre lieber auch hier schon. Kinder verstehen mehr, als wir denken und vor allem saugen sie Informationen wie ein Schwamm auf. Das hilft enorm beim Lernen.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 28 Monaten
Kinder entdecken im dritten Lebensjahr mehr und mehr ihren eigenen Willen. Wenn ein Kind etwas nicht will, versucht es das seinem Gegenüber klarzumachen. Scheitert es mit verbaler Kommunikation, beginnt es eventuell seinen Willen körperlich durchzusetzen. Es beißt oder schlägt vielleicht. Diese Phase ist anstrengend, weil wir als Eltern in diesen Situationen einerseits Grenzen aufzeigen müssen, gleichzeitig aber auch mitfühlend sein sollten. Dein Kind muss lernen, dass sich nicht alle seine Wünsche erfüllen und es auch dann nicht bekommt, was es will, wenn es jemandem weh tut. Es soll ein langärmliges Shirt anziehen, weil es draußen kühl ist? Dann lass dein Kind das Shirt auswählen. Oft nehmen kleine Kompromisse den Druck aus diesen Situationen.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 29 Monaten
In diesem Alter entwickelt sich das Langzeitgedächtnis. Dein Kind beginnt sich an Dinge zu erinnern, die schon eine Weile her sind. Du wirst es merken, wenn dir dein Kind plötzlich etwas erzählt, dass schon ein paar Tage zurückliegt.
Emotional dreht sich diese Zeit weiter um die grundlegenden Gefühle und den Umgang mit ihnen. Dabei hilft es Kindern, wenn Eltern sie dabei unterstützen, die Gefühle zu benennen. Wenn sie also z. B. sagen: „Du freust dich, weil du allein die Blumen gegossen hast“, „Du bist traurig, weil dein Kuscheltier kaputt gegangen ist“ oder „Du bist enttäuscht, weil dein Freund heute nicht zum Spielen kommen kann“.
Im zweiten und dritten Lebensjahr entwickeln sich mit der Reifung des präfrontalen Kortex die so genannten exekutiven Funktionen weiter, eine Entwicklung, die schon im zweiten Lebensjahr begonnen hat und eine deutliche Verbesserung von Impulskontrolle, Handlungsplanung und Gefühlsregulation gegen Ende des dritten Lebensjahres erreicht. Dies sind wichtige Funktionen, damit ein Kind in größeren Gruppen wie im Kindergarten zu betreuen ist.
Prof. Dr. med. Eva Möhler, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikum des Saarlandes
Kinder verarbeiten Gefühle und üben den Umgang mit ihnen auch in Rollenspielen. Die stehen in diesem Alter hoch im Kurs. Mach doch mal mit – ihr werdet garantiert viel Spaß haben.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 30 Monaten
Die mentale Entwicklung schreitet immer weiter voran. Kinder in diesem Alter beginnen sich für Spielkameraden zu interessieren – das Spielen allein ändert sich zum Spielen zusammen. Auch die eigene Umwelt wird spannender.
Denke weiterhin auch an die sprachliche Förderung, die ja auch die mentale Entwicklung fördert. Lies deinem Kind vor und unterhaltet euch. Versuche dabei auf besonders einfache Ausdrucksweise zu verzichten. Kinder lernen durch Nachahmung und fragen oder zeigen es, wenn sie etwas nicht verstehen.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 31 Monaten
Kinder im Alter von ca. 2,5 Jahren lieben es gelobt zu werden und genießen die Anerkennung ihrer Bezugspersonen. Deswegen wird dein Kind in diesem Alter beginnen, dir begeistert Dinge zu zeigen, die es selbst geschaffen oder von etwas berichten, das es bewältigt hat. Zeige dich genauso begeistert, wenn dein Kind dir den großen Legoturm präsentiert oder dir stolz die selbst angezogenen Schuhe an den Füßen vor die Nase hält. Das stärkt das Selbstvertrauen deines Kindes und vermittelt das Gefühl: Das habe ich gut gemacht! Kinder definieren sich über die Reaktionen und Rückmeldungen ihrer Bezugspersonen, deswegen ist es wichtig, ihnen zu zeigen, dass sie klasse sind.
Mittlerweile ist die mentale Entwicklung deines Kindes so weit fortgeschritten, dass es Zusammenhänge erkennen und begreifen kann. Es versteht, dass es die Hände waschen muss, weil ihr essen wollt oder dass es das Spielzeug nicht überall auf dem Boden verteilen kann, weil sonst jemand darüber stolpert.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 32 Monaten
Kinder in diesem Alter können noch nicht zwischen Wirklichkeit und Fiktion unterscheiden. Ihrer Fantasie scheinen kaum Grenzen gesetzt zu sein – eine wunderbare Gabe, die sie auch beim Spielen ausleben. Allerdings solltest du deinem Kind ruhig erklären, worin die Unterschiede zwischen Realität und Illusion bestehen.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 33 Monaten
Langsam werden die Wutanfälle deines Kindes vermutlich seltener. Es kann sich nun schon deutlich besser verständigen als noch vor ein paar Monaten. Die mentale Entwicklung in diesem Alter sorgt dafür, dass Kinder geduldiger werden und besser mit Veränderungen klarkommen.
Dein Kind wird nun immer mehr Fragen stellen – das klassische „Warum“ kann Eltern auch schon einmal zur Verzweiflung bringen. Aber das Stellen von Fragen ist wichtig, damit Kinder die Welt um sich herum besser kennen und verstehen lernen.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 34 Monaten
Die Freundschaft zu anderen Kindern wird in diesem Alter immer wichtiger. Manche Kinder haben jetzt auch schon eine beste Freundin oder einen besten Freund. Die Kontakte zu anderen Kindern sind wichtig, denn sie prägen das Sozialverhalten deines Kindes. Vielleicht „erfindet“ dein Kind in diesem Alter auch Fantasiefreunde. Mach dir keine Sorgen, wenn dein Kind von seinem imaginären Freund erzählt – auch diese Freunde unterstützen dein Kind in seiner Entwicklung.
Im zweiten und dritten Lebensjahr steigt auch das Bedürfnis nach sozialer Stimulation. D.h. das Kind freut sich am Kontakt mit anderen Kindern und im zweiten und dritten Lebensjahr finden schon erste gemeinsame Spiele statt. Der Kontakt mit anderen Kindern zum Beispiel auf dem Spielplatz ist in dieser Altersphase wichtig, denn er regt die Kinder auch dazu an neue motorische und mentale Fähigkeiten auszuprobieren und damit zu entwickeln.
Prof. Dr. med. Eva Möhler, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikum des Saarlandes
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 35 Monaten
In diesem Alter können sich Kinder schon bis zu zehn Minuten am Stück konzentrieren – manche weniger, manche deutlich mehr. Fördere die Konzentrationsfähigkeit, indem du deinem Kind altersgerechte Spiele zur Verfügung stellst, mit denen es sich gerne lange beschäftigt.
Mit knapp drei Jahren entdecken viele Kinder das Lügen. Hat dein Kind die Wohnzimmerwand mit einem eigenen Gemälde verschönert und merkt, dass das vielleicht keine gute Idee war, überlegt es sich eine alternative Geschichte. So versucht dein Kind, etwas Unrechtes ungeschehen zu machen – zumindest in seinen Gedanken gelingt das auch. Erkläre deinem Kind, dass es nicht lügen muss, auch nicht, wenn es etwas angestellt hat. Zeige ihm, dass du dankbar bist, wenn es die Wahrheit sagt.
Die mentale Entwicklung von Kindern mit 36 Monaten
Herzlichen Glückwunsch – dein Kleinkind ist nun fast drei Jahre alt. Seit seiner Geburt hat es unfassbar viel gelernt und hat sich vom Säugling zu einem kleinen Individuum mit eigenem Willen und Gefühlen entwickelt.
Die ersten drei Lebensjahre sind für die Gehirnentwicklung eines Kindes vermutlich die wichtigsten. Das Gehirn ist am Ende des dritten Lebensjahres auf 80 % der Größe eines erwachsenen Gehirns herangewachsen.
Prof. Dr. med. Eva Möhler, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikum des Saarlandes
Dein Kind hat mittlerweile Freunde, ist in vielen Dingen selbstständig und manchmal erklärt es dir vielleicht sogar die Welt. Zeit für den nächsten gemeinsamen Lebensabschnitt, der ganz sicher ebenso spannend, ereignisreich und großartig wird. Wir wünschen euch dabei unglaublich viel Spaß!