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Elternzeitreisen – Mit Baby auf ins Abenteuer

Elternzeitreise
Geschätzte Lesedauer: 8 Minuten

Das Baby ist da! Plötzlich ist alles anders, die Welt steht kopf. Die ersten Monate sind fürs gegenseitige Kennenlernen reserviert. Danach steht die Welt Eltern und Nachwuchs offen – so sie denn wollen. Denn die Elternzeit ist bestens geeignet, um neue Länder zu entdecken und dem Alltag zumindest ein wenig zu entfliehen. Nicht ohne Grund stehen Elternzeitreisen bei frisch gebackenen Familien hoch im Kurs. Die Eltern sind beide – zumindest zeitweise – gemeinsam zu Hause, Baby ist nicht mehr ganz klein und an Ferien sind die Familien noch nicht gebunden.

Hohe Berge, warme Strände, rauschende Wellen und grüne Wälder in Europa und auf der ganzen Welt rufen und so starten viele Familien während der Elternzeit ihr ganz persönliches Reiseabenteuer. Bevor es losgeht, ploppen allerdings zahlreiche Fragezeichen auf: Wohin soll’s gehen? Was muss mit? Was gibt’s zu beachten? Wir haben Viola Ehrig gefragt. Als Spezialistin für Elternzeitreisen hat sie die Antworten parat.

Noch ganz klein und schon die Welt entdecken – Elternzeitreisen mit Baby sind gefragt. © Bady Abbas / Unsplash

Elternzeitreisen sind immer gefragter

Viola Ehrig ist nicht nur Mama von zwei Söhnen, sie liebt es auch, die Welt zu erkunden. Nach der Geburt ihres ersten Kindes begann die Tourismusexpertin, das Thema Reisen neu zu denken. Sie fragte sich: Wie funktioniert das Reisen mit Baby? Wie startet man? Worauf muss man achten? Und sie stellte fest: Niemand in Deutschland hat sich bisher auf das Thema Elternzeitreisen spezialisiert. Das wollte Viola ändern und gründete kurzerhand ihre Reiseagentur Die Welt wartet. Seither ist sie die Anlaufstelle für reisebegeisterte Familien und die, die es noch werden wollen. Zusammen mit ihrem Team steht Viola Eltern mit Rat und Tat zur Seite, gibt hilfreiche Tipps, ermutigt, entschleunigt und arbeitet passende Routen und Reisen für ihre Kunden aus.

Viola Ehrig, Gründerin und Inhaberin von „Die Welt wartet“ – hier in Down Under.

Die Nachfrage nach Elternzeitreisen ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. „Viel mehr Leute reisen mittlerweile mit Baby. Es ist normal geworden, eben nicht zu Hause bleiben während der Elternzeit. Viele haben erkannt, dass man mit Kindern prima unterwegs sein kann“, erzählt Viola. Im Interview verrät die Expertin für Elternzeitreisen ihre besten Tipps. Reisefieber garantiert!

Eine Spezialistin für Elternzeitreisen gibt Tipps

Viola, erzähl uns doch erst einmal genauer, was ihr macht.

Gerne. Also in erster Linie bieten wir Elternzeitreisen an. Reisen für Eltern, die ohne Kind schon oft unterwegs waren; die dann ein Kind bekommen und plötzlich bezüglich des Reisens ein wenig ratlos sind. Aber natürlich auch für alle, die noch keine oder wenig Reiseerfahrung haben. Die Eltern wissen oft nicht, in welche Richtung es gehen soll, was geht und was nicht, was sie mit Baby machen können, und welche Ziele sich eignen.

Wer vor der Zeit mit Baby viel gereist ist, kann sie sich nicht mehr so detailliert mit der Reiseplanung auseinandersetzen, denn mit Baby sind Zeit und Schlaf knapp. Wir sprechen dann erst einmal mit den Familien und finden gemeinsam die Antworten auf ihre Fragen. Wir schauen: Wo steht die Familie, gibt es schon Reiseerfahrungen, wo soll es hingehen? Was möchte die Familie, sowohl bezüglich des Reiseziels als auch in Bezug auf die Reiseart?

Welche Reisearten empfehlen sich für Elternzeitreisen?

Wir bieten sehr oft Reisen mit dem Wohnmobil an, einfach weil das eine sehr angenehme Art ist, mit Baby unterwegs zu sein, ohne nur an einen Ort gebunden zu sein. Gerade in Ländern wie Australien, Neuseeland, USA und Kanada, in denen man gewisse Strecken zurücklegt, hat man im Wohnmobil den Vorteil, dass man die gleiche Schlafumgebung hat und alles parat ist. Aber auch Reisen mit dem Mietwagen bieten sich an. So reist man entschleunigter, weil man auch mal an einzelnen Orten länger bleibt.

Welche Reiseziele sind gefragt?

Viele europäische Länder, vor allem Portugal, Schottland, Island, Skandinavien, aber auch Nordamerika, Australien und Neuseeland.

Gibt es Ziele, von denen ihr für Elternzeitreisen abraten würdet?

Also ich würde immer schauen, was bezüglich der Jahreszeiten und der dadurch bedingten Risiken eventuell nicht sinnvoll ist. Ich würde zum Beispiel nicht in ein Malariagebiet reisen. Das raten wir den Eltern, die natürlich am Ende selbst entscheiden. Auch Gebiete, in denen Dengue-Fieber oder das Zika-Virus auftreten, würde ich meiden. Das sind einfach Ziele, in die man mit Baby nicht reisen muss. Außerdem würde ich Länder ausschließen, in denen es jahreszeitbedingt zu warm oder zu kalt ist.

Wir achten immer darauf, wie reiseaffin Familien sind. Haben sie wenig Reiseerfahrung, rate ich ihnen, ein Ziel zu wählen, in dem sie sich komplett sicher fühlen und beruhigt reisen können. Länder, in denen sie die jeweilige Sprache sprechen und in denen eine gute Infrastruktur gegeben ist. Bei Eltern, die schon viel unterwegs waren, habe ich eine ganz andere Beratungsgrundlage.

Gab es schon einmal ein Ziel, das Familien für ihre Elternzeitreise ausgewählt haben, das dich komplett überrascht hat?

Eigentlich nicht. Es ist eher so, dass wir den Kunden beim Planen der Elternzeitreisen den Wind aus den Segeln nehmen müssen. Sie planen häufig viel zu viel ein und überfrachten ihre Reise. Der Drang ist auch absolut nachvollziehbar – immerhin reist man zum Beispiel nach Australien und das ist schon eine Strecke. Die Eltern denken sich: Das müssen wir jetzt vollpacken und durchtakten, schließlich reisen wir so weit. Da nehmen wir vielleicht Neuseeland auch noch gleich mit. In diesen Fällen bremsen wir und erklären, dass das für niemanden eine entspannte Reise werden würde.

Sollten Babys ein bestimmtes Alter haben, um mit den Eltern auf Elternzeitreisen zu gehen?

Ich würde sagen, die Kinder sollten ca. fünf Monate alt sein. Einfach deshalb, weil man sich bis dahin schon ein wenig kennengelernt hat und in den neuen Alltag reingekommen ist. Das ist ja am Anfang schon alles sehr umwerfend. Man hat einen ganz neuen Lebensrhythmus und da sollte man sich erst einmal reinfinden. Außerdem ist es ein schönes Alter, weil die Kinder sehr pflegeleicht sind. Sie sind noch nicht zu mobil, bekommen aber trotzdem schon viel mit.

Es gibt Kinderärzte, die raten aufgrund des Stressfaktors von Elternzeitreisen mit Babys ab. Was sagst du dazu?

Elternzeitreisen sind natürlich sehr individuell. Deswegen sollten Eltern, die Bedenken haben, immer Rücksprache mit dem Kinderarzt halten. Jedes Kind ist anders und manche haben besondere Bedürfnisse – darauf muss man selbstverständlich Rücksicht nehmen. Generell sehe ich aber keinen Anlass, warum man nicht mit Kind oder mit Baby reisen sollte. Wir würden für unsere Kunden allerdings auch keine Elternzeitreise planen, bei der man jeden Tag an einem anderen Ort ist, jeden Tag eine andere Schlafumgebung hat. Das wäre zu stressig fürs Kind. Wenn man es aber so plant, dass alle etwas davon haben und man die Reise um das Kind herum baut, damit das Kind im Mittelpunkt steht; wenn man langsam unterwegs, dann spricht meiner Ansicht nach nichts gegen Elternzeitreisen.

Wie lange empfiehlt es sich denn, unterwegs zu sein?

Ich glaube, man kann aus jeder Zeitspanne eine schöne Reise machen und man muss einfach individuell entscheiden, wie lange man unterwegs sein kann und möchte. Wir waren zweimal jeweils sieben Wochen auf Elternzeitreise und das fand ich sehr angenehm. Einfach, weil wir wussten, wir haben Zeit und keinen Druck. Ob man jetzt wirklich mehrere Monate unterwegs sein möchte, muss man natürlich selbst entscheiden. Ich würde das auch von der Reiseerfahrung abhängig machen. Es kommen schon sehr viele Eindrücke zusammen, wenn man lange verreist. Im Schnitt entscheiden sich die Familien bei uns für Elternzeitreisen zwischen fünf und acht Wochen.

Nordamerika und Ozeanien sind sehr beliebt als Ziele für Elternzeitreisen. Welche anderen Länder noch?

Europa wird mehr nachgefragt und hier möchten wir unser Angebot noch weiter ausbauen. Schon allein aus Sicht der Nachhaltigkeit. Man merkt, dass immer mehr Leute darüber nachdenken, ob es wirklich notwendig ist, um die halbe Welt zu fliegen. Und ob es nicht auch Alternativen in Europa gibt. Das finde ich eine schöne Entwicklung. Viele fahren zum Beispiel mit dem Wohnmobil oder Mietwagen durch Portugal. Skandinavien wird auch mehr nachgefragt. Wir orientieren uns an der Entwicklung in Bezug auf Nachhaltigkeit. Wir bieten zum Beispiel keine Reisen mit dem Kreuzfahrtschiff an und schauen vermehrt nach Alternativen für sehr weit entfernte Reisen.

Gibt es denn etwas, das die Eltern rechtlich beachten müssen, wenn sie eine Elternzeitreise planen?

Also zunächst einmal gibt es keine Vorschrift, wo man sich während der Elternzeit aufhalten muss. Das bedeutet, es spricht rechtlich nichts gegen eine Elternzeitreise. Allerdings sollte man schauen, wie die Vorgaben im eigenen Bundesland bezüglich der U-Untersuchungen sind. Manche Bundesländer schreiben diese verpflichtend vor – aber auch dann kann man die Reise so planen, dass es passt und man keine Untersuchung des Kindes verpasst.

Bei Elternzeitreisen kommt oft der Vorwurf auf, dass Elterngeld ja kein Urlaubsgeld sei. Aber Elterngeld ist keine Zusatzzahlung – man verzichtet auf einen Teil seines Gehalts. Und deswegen ist es auch nichts, wovon man eine Luxusreise finanzieren kann. Und Urlaub ist die Elternzeit auch nicht. Der Alltag mit Baby oder Kind ist der gleiche – nur eben woanders.

Gibt es typische Fragen, die Eltern stellen, wenn sie zu euch kommen?

Definitiv die Frage, ob man für die komplette Zeit Windeln und Babynahrung einpacken sollte. Die kann ich aber getrost mit Nein beantworten. In den Ländern, die man bereist, leben ja auch Kinder und man bekommt alles, was man braucht, auch dort. Ich rate den Eltern immer dazu, einen kleinen Vorrat an Windeln und Babynahrung mitzunehmen, damit man im Reiseland nicht sofort losmuss, um diese Sachen zu besorgen. Wir geben unseren Kunden auch eine Packliste an die Hand.

Bei Flugreisen mit Baby und Kleinkind haben Eltern viele Fragen. © Paul Hanaoka / Unsplash

Die zweite Frage dreht sich häufig um Flugreisen. Muss man beim Fliegen mit Baby etwas beachten? Da weise ich die Eltern darauf hin, dass sie daran denken müssen, dass Babys den Druckausgleich noch nicht selbst machen können. Deswegen sollten sie bei Start und Landung gestillt werden oder ein Fläschchen bzw. etwas zu nuckeln bekommen. Die Bewegung beim Trinken führt automatisch zum Druckausgleich.

Uns ist vor allem wichtig, den Eltern mögliche Ängste oder Bedenken zu nehmen und ihnen Sicherheit zu geben – nicht nur, was die Entscheidung für die Elternzeitreise betrifft, sondern auch bezüglich des gewählten Reiseziels etc.

Hast du einen letzten Tipp für alle Familien parat, die über eine Elternzeitreise nachdenken?

Also als allererstes, bevor man in die Detailplanung einsteigt, würde ich vor allem raten, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und die eigenen Interessen zu berücksichtigen. Man sollte sich nicht zu sehr von anderen Reisen beeinflussen lassen – man sollte ein Ziel wählen, mit dem man sich wohlfühlt. Und: Auch keine Elternzeitreise zu machen, weil man vielleicht keine Lust darauf hat, ist absolut in Ordnung. Die Eltern müssen mit ihrer eigenen Entscheidung zufrieden sein, das ist das Wichtigste.

Ideen für Ziele eurer Elternzeitreise

Falls euch das Reisefieber gepackt hat und ihr unbedingt loswollt, dann geben wir euch jetzt noch ein paar Ideen an die Hand, wohin es gehen könnte. Viola und ihr Mann sind mit ihrem ersten Sohn während der Elternzeit in die USA gereist und haben vor allem die Umgebung rund um die Großen Seen und den Mittleren Westen erkundet. „Das war eine großartige Erfahrung und ich würde diese Reise immer wieder machen. Wir sind sehr viel mit den Menschen vor Ort in Kontakt gekommen, weil diese Regionen der USA nicht so häufig von Touristen bereist werden.“

Die zweite Reise führte sie zu viert nach Australien, ein Land, das Viola sehr gut kennt, in dem sie gearbeitet und gelebt hat; ein Land, das sie liebt. Und sie hat auch noch einen Tipp für all diejenigen parat, die sich für eine Elternzeitreise in Europa entscheiden. Neben Portugal, Schottland und Skandinavien, empfiehlt sich auch Estland als Reiseziel. „Estland ist ein wunderbares Land für eine Reise mit Kindern, weil man sehr kurze Entfernungen hat, aber trotzdem so viele unterschiedliche Eindrücke bekommt und ganz verschiedene Landschaften entdecken kann – von Moor, über echte Wälder, bis Meer und Strand. Estland haben die wenigsten auf dem Schirm, dabei ist es wirklich eine Reise wert.“

Welche Dokumente ihr zum Verreisen braucht, was in die Reiseapotheke gehört und wie eine lange Autofahrt mit Kind entspannt wird, verraten wir euch in unseren anderen Artikeln. Viel Spaß beim Stöbern.

Beitragsbild: Adobe Stock

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