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10 Tipps zur gewaltfreie Kommunikation mit Kindern

Gewaltfreie Kommunikation

Angry little girl over white background, sign and gesture concept

Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Gerade noch waren alle ganz entspannt beim Abendessen. Jemand sagt etwas „Falsches“ und plötzlich schreien sich alle an und knallen Türen. Immer wieder gibt es im Familienalltag Situationen, in denen unterschiedliche Bedürfnisse aufeinandertreffen und zu Konflikt führen. Was es heißt, eine respektvolle und gewaltfreie Kommunikation (GFK) mit unseren Kindern zu pflegen, und welche Grundannahmen und Regeln ihr zugrunde liegen, erkläre ich euch hier.

Was gewaltfreie Kommunikation bedeutet

Der Begriff „Gewaltfreie Kommunikation“ (GFK) wurde in den 1960ern von dem amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg entwickelt und maßgeblich geprägt. Damals unterstütze er Schulen und Institutionen dabei, die Rassentrennung auf friedlichem Wege rückgängig zu machen. Rosenbergs Handlungskonzept liegt die Idee zugrunde, menschliche Beziehungen so zu entwickeln, dass alle Beteiligten einander wertschätzend behandeln und freiwillig und gern zum gemeinsamen Wohl beitragen wollen. Die anderen werden nicht durch Sprache zu einem bestimmten Handeln bewegt. Die GFK kann im Familienalltag genauso hilfreich sein, wie im beruflichen Bereich.

Grundannahme

Rosenbergs Kommunikationskonzept der „Gewaltfreien Kommunikation“ fußt auf der Grundannahme, dass jeder Mensch gern bereit ist, etwas für andere Menschen zu tun. Sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehörten beispielsweise eine Bitte anstelle, einer Forderung zu formulieren, die wie eine Pflicht wirkt. Geprägt wird das Ganze von drei Begriffen:

Empathie gilt für Rosenberg als die Grundvoraussetzung für eine gelingende Kommunikation. Er geht davon aus, dass der Mensch grundsätzlich emphatisch ist, die Art und Weise der Kommunikation darauf jedoch einen entscheidenden Einfluss hat.

Bedürfnisse stehen hinter menschlichen Handlungen und Konflikten. Mit Hilfe der GFK soll es gelingen, sich ehrlich und deutlich auszudrücken, aber auch zuzuhören. So können die Bedürfnisse der anderen, aber auch die eigenen eher erfüllt werden.

Gefühle und Bedürfnisse aller Beteiligten soll durch die GFK verstanden und berücksichtigt werden. „Gefühl ist eine spontane innere Reaktion in mir – auf eine Person, eine Örtlichkeit oder eine Situation, die ich erlebe oder an die ich denke“, so der Kollege Carl Rogers, auf den sich Rosenberg stets gern bezog.

Rosenbergs Menschenbild lehnt an der humanistischen Psychologie. Er bezog sich gern auf seinen Kollegen Carl Rogers und bezeichnete jede Form von Gewalt als einen tragischen Ausdruck eines unerfüllten Bedürfnisses. Die falsche Kommunikation von Bedürfnissen – wertende oder verurteilende Sprache führt zu Konflikten. Fühlt sich jemand falsch angesprochen, ist die Reaktion oft eine Verteidigung oder Gegengewalt (hier im sprachlichen Sinne), so Rosenberg. Die Empathiebereitschaft sinkt. Gleichzeitig hat Sprache jedoch die Kraft, Gewalt zu verhindern.

Foto: ambermb / Pixabay

Giraffensprache – Wolfssprache

Als Auslöser für Konflikte steht vor allem eine falsche Kommunikation an oberster Stelle. Das Kommunikationskonzept unterscheidet dabei die „Gewaltfreie Kommunikation“ und die „lebensentfremdende Kommunikation“. In Vorträgen spricht man auch gern von der „Giraffensprache“ und der „Wolfssprache“.

Foto: Andreas Goellner / Pixabay

Die Giraffe steht dabei für die gewaltfreie Kommunikation oder auch „Herzenssprache“. Die Giraffe überblickt aufgrund ihrer Größe die Situation. Sie hat ein großes Herz und tritt anderen wertschätzend gegenüber. Sie arbeitet gern mit anderen zusammen, hört zu und beobachtet vollkommen ohne Wertung. Die Giraffe schweift nicht ab, sondern konzentriert sich auf ihr Gegenüber und vermittelt schon allein dadurch eine Wertschätzung. Wenn sie etwas möchte, formuliert die Giraffe eine Bitte oder sucht nach einer anderen Lösung, ihre Bedürfnisse und die der anderen zu erfüllen.

Der Wolf ist da ganz anders. Er ist viel kleiner, kann und will die Situation nicht überblicken. Ihm geht es in erster Linie um sich und seine Bedürfnisse. Er will seine Ziele durchsetzen und tritt anderen werdend, gar verurteilend gegenüber. Er vergleicht und vermittelt dadurch negative Gefühle bei seinem Gegenüber. Bitten sind ihm fremd, er fordert und wer seine Forderungen nicht erfüllt, wird bestraft. Hauptsache, er ist am Ende der Gewinner.

In uns Menschen leben Giraffe und Wolf unter einem Dach. Das ist menschlich. Doch ist es unsere Aufgabe, die Wolfssprache mit Douglas Adams Babelfish in Giraffensprache zu übersetzen. Das heißt: einmal tief durchatmen und dann gewaltfrei kommunizieren, auch wenn man eigentlich gerade schimpfen und fordern wollte.

Gewaltfreie Kommunikation mit unserem Kind

Wir alle streben nach einem friedlichen Familienleben und übersehen oft, dass wir viele Konflikte mit unserer Partnerin, unserem Partner oder Kindern selbst sähen. Oft wird gestritten, gezetert oder bestraft. Überdenkt einmal, wie ihr miteinander sprecht, eure Wünsche formuliert oder was euch nicht passt.

„Wenn du nicht aufräumst, dann spiele ich nicht mit dir.“
„Nie räumst du dein Zimmer auf!“
„Weil du getrödelt hast, kommen wir wieder zu spät.“
„Der Max ist aber nicht so faul wie du.“

Kennen wir, oder?

Doch was verursachen solche Aussagen im Gegenüber – im eigenen Kind? Es fühlt sich gekränkt, nicht wertgeschätzt, es fühlt sich unzureichend und schlecht. Eine normale menschliche Reaktion, auch eures Kindes ist es, zu blocken. Zu Recht. Das bringt aber niemanden weiter.

Menschen und vor allem Kinder streben nach Anerkennung, Wertschätzung und Liebe. Sie wollen sich und anderen Gutes tun. Als Eltern tut man gut daran, zu versuchen, das eigene Kind zu verstehen und seine Bedürfnisse zu erkennen. Auch die eigene Selbstreflexion spielt eine große Rolle: Hinter dem Erkennen der Bedürfnisse aller Familienmitglieder liegt der Schlüssel zur GFK verborgen. Versucht euch in eure Kinder hineinzuversetzen: Warum handeln sie gerade jetzt so oder so?
Denkt an die Giraffe. – Sie überschaut die Situation, nimmt die Gefühle und Bedürfnisse des Kindes, das gerade trödelt oder nicht aufräumt wahr und versucht die eigenen Bedürfnisse, aber auch die des Kindes zu stillen.

Foto: Olichel / Pixabay

10 Tipps für eine gewaltfreie Formulierung

  1. Vermeidet „Wenn-dann“-Sätze. Solche Sätze sind manipulativ und setzten euer Kind durch die Androhung einer Bestrafung massiv unter Druck.
  2. Das unscheinbare Wörtchen „nicht“. „Pass auf, dass du nicht dein Glas umkippst.“ Diese Formulierung ist negativ und drückt die Erwartungshaltung aus, dass euer Kind versagen wird. Formuliert den Satz lieber positiv: „Achte bitte darauf, dass dein Glas stehen bleibt.“
  3. Unterstellt eurem Kind nichts. „Du hast doch bestimmt dein Zimmer wieder nicht aufgeräumt.“ – Euer Kind fühlt sich verurteilt, ungerecht behandelt und wird blockieren.
  4. „Immer“, „schon wieder“, „ständig“, solche Verallgemeinerungen sind gemein und in der Regel auch nicht richtig. Bleibt bei der aktuellen Situation und formuliert, wie die Giraffe es tun würde. Statt: „Musst du schon wieder auf meine wichtigen Briefe kritzeln“, sagt ihr besser: „Mal bitte nicht auf meine Briefe, die sind wichtig und ich brauche sie noch. Mal doch bitte auf einem Zeichenblock.“
  5. Befehle sind nach der gewaltfreien Kommunikation tabu. Formuliert Wünsche oder Bitten, denen das Kind freiwillig und gern nachkommen möchte, um etwas Gutes beizutragen.
  6. Auch Bestrafung ist tabu. Erstens funktioniert sie nicht oder nur kurzfristig, wenn das Kind Angst vor der Strafe hat. Das stört eine gesunde Entwicklung des Kindes, wie bereits mehrfach bewiesen. Außerdem handelt ihr wie der Wolf, dem es schlichtweg nur um seine eigenen Bedürfnisse geht. Wie egoistisch.
  7. Dann belohne ich mein Kind lieber, wenn es macht, was ich verlange. Auch nein. Denn das kann dazu führen, dass das Kind Erwartungen nur erfüllt, um belohnt zu werden. Hintergrundgedanke der GFK ist jedoch eine Handlung durch eine innere Motivation.
  8. Ähnlich verhält es sich mit Lob. Hier werden „Beobachtung“ und „Bewertung“ vermischt. Ein positives Feedback bzw. Wertschätzung ist selbstverständlich erlaubt und sogar gut. Statt „Du hast aber toll dein Zimmer aufgeräumt“, ist: „Du hast dein Zimmer aufgeräumt. Das freut mich, denn mir ist wichtig, dass alle mithelfen. Danke“, die bessere Wahl.
  9. Das kleine Wort „aber“ stellt eure Bedürfnisse über die des Kindes. „Du willst…, ich will aber noch…“ Mit einer Formulierung wie: „Du möchtest…, zugleich möchte ich…“, ladet ihr dazu ein, eine Lösung zu finden, die euch beiden passt.
  10. Die Benennung mit negativen Eigenschaften wie „faul“, „frech“, „unordentlich“ zielen auf Charaktereigenschaften ab, die nicht unbedingt stimmen müssen.
  11. Statt „Du bist furchtbar faul“, hilft ein: „Räume bitte dein Zimmer auf“, oftmals viel mehr.

Da Wolf und Giraffe in uns wohnen, klappt es sicherlich nicht immer mit der gewaltfreien Kommunikation, gerade wenn uns Mental Load-technisch alles über den Kopf wächst.. Doch probiert es mal aus. Das Prinzip ist ganz einfach. Haltet einfach einmal inne, wenn ihr wütend reagieren wollt, versetzt euch in euer Kind und reagiert dann ganz ruhig. Eine gewaltfreie Kommunikation kann das Familienleben viel schöner und entspannter machen.

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