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Erziehungsmethoden im Überblick: Was ist das Beste fürs Kind?

Eine Mutter hält ihr Kind ganz fest - Erziehungsmethoden im Überblick
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

„Nein, ich will nicht!“ Wie verhalten wir uns, wenn der Nachwuchs mit Essen wirft, partout keine Zähne putzen will und anderen Kindern das Spielzeug klaut? Erziehung folgt keinen festen Regeln. Sie kann streng, liebevoll oder eher beiläufig erfolgen. Eltern haben aber zumeist ein Grundgerüst, an dem sie sich im Familienalltag entlang hangeln. Unsere Erziehungsmethoden sind von unseren Werten geprägt und davon, wie wir aufgewachsen sind. Auch die Gesellschaft und die Zeit, in der wir leben, geben einen Rahmen vor. Zudem steht eine ganze Bibliothek an Erziehungsratgeber parat, die Hilfe und Orientierung versprechen. Dabei stoßen Eltern auf Begriffe wie autoritär, Attachment Parenting oder positive Erziehung. Hier lest ihr, was sich hinter diesen Ansätzen verbirgt.

Erziehungsmethoden nach Kurt Lewin

In der Forschung unterscheidet man zwischen verschiedenen Grundhaltungen. Die drei bekanntesten sind vermutlich: der autoritäre, der demokratische und der Laissez-faire Erziehungsstil. Diese Einteilung geht auf den Psychologe Kurt Lewin zurück.

Die autoritäre Erziehung

Lange Zeit führte an dieser Haltung nichts vorbei. Noch in den ersten Nachkriegsjahren erzogen viele Eltern ihre Kinder autoritär. Das bedeutet: Die Eltern geben die Regeln vor, nach denen sich Kinder zu richten haben. Wer sich nicht daran hält, wird bestraft. Das schloss in früheren Zeiten auch körperliche Strafen nicht aus. Ein Mitspracherecht gibt es nicht. Gefordert sind Gehorsam und Disziplin statt Autonomie. Kinder haben sich unterzuordnen. Auf ihre Gefühle wird wenig bis keine Rücksicht genommen.

Diese Erziehungsmethode ist stark umstritten, auch wenn sie heute zumeist nur noch in einer abgemilderten Form praktiziert wird. Die Folgen einer autoritären Erziehung können sich in Spannungen in der Eltern-Kind-Beziehung äußern. Es gibt wenig Raum für Nähe, da die Eltern einen eher distanzierten Umgang pflegen. Meist stehen Kinder zudem unter einem hohen Leistungsdruck, um den Eltern zu gefallen. Die Wochenzeitung DIE ZEIT verweist in einem Artikel auf Studien, die zeigen: „Autoritär erzogene Kinder sind später öfter depressiv, rauchen mehr, mobben andere häufiger, zeigen schlechtere Leistungen in Schule und Beruf.“

Die Laissez-faire Erziehung

Laissez-faire bedeutet so viel wie „einfach machen lassen“. Der Laissez-faire Ansatz ist damit so ziemlich das genaue Gegenteil zur autoritären Erziehung. Das Kind trifft alle Entscheidungen für sich. Eltern schreiten nur in Ausnahmen ein, etwa wenn das Kind sich einer konkreten Gefahr aussetzt. Es macht sein eigenes Ding und wird nicht aktiv in den Familienalltag eingebunden. Strafen gibt es keine, aber auch kein Lob. Die Hoffnung: Kinder können sich frei entfalten, sie lernen Selbstständigkeit und ihre Kreativität wird gefördert.

Die Gefahr der Vernachlässigung ist allerdings groß. Ohne Regeln fehlt Kindern die Orientierung. Ihnen wird nicht gesagt, was richtig oder falsch ist. Zudem werden ihnen auch keine Werte vermittelt. Dementsprechend schwer haben sie es später, sich in andere Gruppen einzufügen, sei es in der Schule oder am Ausbildungsplatz. Der Laissez-faire-Stil fördert Egoismus und kann zu Aggressionen führen.

In eine ähnliche Richtung geht die antiautoritäre Erziehungsmethode. Allerdings unterscheiden sich diese Stile in der Haltung der Eltern. Bei der antiautoritären Erziehung beschäftigen sich Eltern mit ihrem Nachwuchs, stellen aber keine Regeln auf, um ihn nicht einzuschränken. Bei der Laissez-faire-Erziehung verhalten sich Eltern dagegen ihrem Kind gegenüber ziemlich gleichgültig.

Die demokratische Erziehung

In der Bezeichnung klingt schon an, dass Eltern und Kinder in vielen Dingen gleichberechtigt agieren. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Es bleibt Raum für Diskussion. Kinder dürfen ihre Wünsche, Meinung und Ideen äußern. Dadurch werden sie zur Selbstständigkeit erzogen und lernen Selbstreflexion. Die Beziehung ist von gegenseitigem Respekt geprägt. Natürlich spielt auch das Alter der Kinder mit rein. Und in letzter Instanz entscheiden die Eltern. Sie bemühen sich aber um Kompromisse oder lassen dem Nachwuchs die Wahl zwischen zwei Dingen. Beispielsweise wenn sich das Kind noch nicht selbstständig ein komplettes Outfit zusammenstellen kann – das aber unbedingt möchte – darf es zwischen zwei Hosen, zwei T-Shirts etc. wählen.

Die demokratische Erziehungsmethode wird mit vielen positiven Erfahrungen verbunden. Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen, sind teamfähig und selbstbewusst. Ganz praktisch können sich Eltern diesem Erziehungsstil übrigens in den STEP-Kursen nähern. Dort lernen sie in mehreren Einheiten die Grundlagen kennen und wie demokratische Erziehung praktisch angewandt werden kann.

Erziehungsmethoden nach Diana Baumrind

Die amerikanische Entwicklungspsychologin Diana Baumrind unterschied vier Erziehungsstile, die als Abwandlung von Lewins Modell gesehen werden können: autoritär, autoritativ, permissiv, ablehnend- vernachlässigend.

Autoritär

Die autoritäre Erziehung haben wir bereits oben beschrieben.

Autoritativ

Hinter der Bezeichnung Autoritativ verbirgt sich im Grunde der demokratische Erziehungsstil. Allerdings wird Eltern in diesem Modell eine etwas stärkere Kontrollfunktion zugesprochen.

Permissiv

Eine permissive beziehungsweise permissiv-verwöhnende Erziehung geht in Richtung Laissez-faire, ist aber weniger radikal. Das heißt, dass Eltern zwar sehr nachgiebig gegenüber ihren Kindern handeln, aber zumindest gelegentlich Grenzen setzen.

Ablehnend-vernachlässigend

Auch diese Ausprägung beruht auf der Laissez-faire-Erziehung. Während die Eltern bei der permissiven Erziehung aber dem Kind sehr zugewandt agieren, fehlt hierbei das Interesse am Nachwuchs. Auf seine Bedürfnisse und Gefühle wird im Alltag keine Rücksicht genommen.

Attachment Parenting oder auch bindungsorientierte Erziehung

Der Begriff Attachment Parenting begegnet Eltern heute immer wieder. Die Erziehungsmethode geht zurück auf den amerikanischen Kinderarzt William Sears. Im Vordergrund steht eine positive Bindung zwischen Eltern und Kind. Sie soll durch sieben Grundpfeiler – die sieben B’s – aufgebaut werden.

  1. Bonding
    Zwischen Mutter und Baby wird sofort nach Geburt Körperkontakt hergestellt.
  2. Breastfeeding
    Das Baby wird nicht nach festen Zeitplänen, sondern nach Bedarf gestillt und oft noch über das erste Lebensjahr hinaus. Solange eben, wie sich Mutter und Kind damit wohlfühlen.
  3. Babywearing
    Das Baby wird so oft wie möglich bei sich getragen.
  4. Bedsharing
    Das Baby darf mit im Familienbett schlafen oder zumindest im gleichen Zimmer wie die Eltern.
  5. Belief in Baby’s Cries
    Eltern nehmen das Weinen ihres Babys ernst und versuchen, angemessen auf seine Bedürfnisse zu reagieren.
  6. Beware of Babytrainers
    Eltern sollten sich nicht durch Ratschläge anderer verunsichern lassen, sondern ein Stück weit ihrer Intuition vertrauen. Sogenannte Schlaflernprogramme werden abgelehnt.
  7. Balance and Boundaries
    Die Bedürfnisse des Babys zu stillen, ist wichtig. Allerdings dürfen sich Eltern dabei nicht völlig selbst vergessen. Sie sollten sich Pausen und Erholung gönnen. Dazu zählt auch das Setzen von Grenzen.

An dieser Erziehungsmethode wird oft kritisiert, dass sie Mütter überfordere und zu sehr in eine traditionelle Rolle dränge. Es gibt zudem ganz unterschiedliche Ausprägungen davon. Eine der bekanntesten Vertreterinnen der bindungsorientierten Erziehung in Deutschland ist Nora Imlau. Sie hat mehrere Bücher zu diesem Thema geschrieben.

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Wie ihr mit euren Kleinen dank Babygebärden schon früh kommunizieren könnt, lest ihr hier.

Die Positive Erziehung

Das „Positive Parenting“ ist eher Erziehungsprogramm als Erziehungsmethode. Es wurde an der Universität von Queensland entwickelt und beruht auf einem wissenschaftlichen Ansatz. Ziel ist es, eine enge Verbindung zwischen Eltern und Kind aufzubauen. Es verspricht Eltern, „das Verhalten, die Emotionen und die Entwicklung des Kindes positiv zu beeinflussen, ohne dem Kind zu schaden.“

Positive Parenting basiert auf fünf Grundregeln:

  1. Eine sichere und interessante Umgebung schaffen
    Kinder sollten sich nicht langweilen. Die Umgebung sollte so gestaltet sein, dass sie gefahrlos und ohne viele Verbote erkundet werden kann.
  1. Aufmerksamkeit schenken
    Eltern sollten für das Kind da sein, wenn es Unterstützung benötigt. Richtiges Verhalten sollte gelobt, falsches angesprochen werden.
  1. Konsequent sein
    Eltern sollten klare Regeln aufstellen und Grenzen setzen.
  1. Realistisch sein
    Kinder entwickeln sich sehr individuell. Sie reagieren je nach Alter nicht immer so, wie Eltern sich das wünschen. Diese sollten ihre Erwartungshaltung daher nicht zu hoch schrauben.
  1. Auch Eltern haben Bedürfnisse
    Eltern brauchen ab und zu mal Zeit für sich bzw. für den Partner. Diese Ruheinseln sollten sie sich auch ermöglichen.

Mehr zu Triple P („Positive Parenting Program“) kann man beispielsweise in einem Eltern-Onlinekurs lernen.
Ein Kritikpunkt an der positiven Erziehung ist, dass sie relativ stark auf Regeln setzt. Die freie Entfaltung und Kreativität des Kindes stehen dahinter zurück.

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